Ratgeber Speicherkarten, Teil 1, Betrug erkennen

Die Reisezeit steht vor der Tür und viele möchten die Erinnerungen an die schönsten Wochen des Jahres auf Fotos oder Videos bannen. Wie in jedem Jahr werden in den Wochen vor dem Urlaub viele Kameras und das entsprechende Zubehör wie Speicherkarten gekauft.

Beim Speicherkartenkauf kann man online viel Geld sparen, aber auch Betrügern oder einfach dem Defektteufel aufsitzen. Oft merkt man das erst hinterher, wenn man die Bilder betrachten möchte und entsetzt feststellt, dass mit der Speicherkarte irgendwas nicht stimmt. Der Griff zur sehr teuren Markenkarte hilft nur bedingt. Es ist zwar richtig, dass Markenhersteller Ihre Ware im Regelfall vor der Auslieferung gut testen, aber das schützt nicht 100% vor Ausfällen und erst Recht nicht vor Markenpiraten. Besonders beliebt bei den Markenpiraten sind die Marken Kingston, Sandisk und Transcend – also die Marken, die auch bei deutschen Kunden hoch im Kurs stehen.

Kingston Speicherkarte aus China, für den Laien nicht als Fälschung zu erkennen.

Kingston Speicherkarte aus China, für den Laien nicht als Fälschung zu erkennen.

Der Blogger hat in den vergangenen Wochen die Probe gemacht und günstige Speicherkarten auf Plattformen wie AliExpress, ebay und Amazon von Anbietern aus Asien und Europa gekauft. Darunter waren auch zwei Fälschungen von Kingston und Transcend. Beide Karten waren defekt bzw. Fake-Karten (dazu später mehr). In beiden Fällen wurde versucht, der deutsche Vertrieb zu kontaktieren. Während Kingston gar nicht antwortete, verwies man bei Transcend an die Gesellschaft in den USA, weil die Karte auf der US-Seite von ebay gekauft wurde. Entschlossene Bekämpfung von Markenpiraterie sieht anders aus.

Noname-Karte aus UK.

Noname-Karte aus UK.

Aus Großbritannien erreichte uns diese namenlose Speicherkarte. Auch sie erwies sich als Fake-Karte – dank ebay Käuferschutz erstattete der Verkäufer nach einigem Hin und Her den Kaufpreis. Karten in diesem Packungsdesign werden auch von deutschen Verkäufern angeboten. Die Verpackung hat keinen EAN-Code (der Strichcode), so dass kein Rückschluss auf den Hersteller oder Importeur möglich ist. Ob deutsche Anbieter in diesen Packungen einwandfrei Ware anbieten, wurde nicht überprüft und wäre bei der Vielzahl der Verkäufer am Markt auch ziemlich sinnfrei.

Fake-Karten, was ist das?

Neben Karten, die einfach nur defekt sind, gibt es Fake-Karten. Diese heißen so, weil sie mehr Speicher vortäuschen, als tatsächlich vorhanden ist. So gibt es Karten, die als 32GB Karten verkauft werden und sich auch so zu erkennen geben, tatsächlich aber nur 8GB Speicher haben. Das perfide daran ist, dass diese Karten oft wunderbar funktionieren, solange man nicht mehr Daten auf ihnen ablegt, als tatsächlich Speicher vorhanden ist. So kann es passieren, dass eine solche Karte (oder USB Stick) lange problemlos benutzt wird. Erst wenn dann im Urlaub die Karte intensiver genutzt wird, gehen Daten durch Überschreiben verloren. Daher ist es ratsam, jede Karte nach dem Kauf, spätestens vor einem wichtigen Einsatz zu testen. Es gibt inzwischen viele Testprogramme für diesen Fall, die mehrheitlich kostenlos sind. Eines der ersten Programme ist das Programm H2testw der Zeitschrift c´t, die 2008 selber Opfer von Fake-Speichern wurden, die man unwissend Neukabonnenten als Werbeprämie schickte. Das Programm ist einfach zu bedienen und deutsch. Auch sehr zu empfehlen ist das Programm FakeFlashTest – es hat sehr viel mehr Funktionen, ist aber englisch und nicht so einfach zu bedienen wie H2testw. Daher werden sich die folgenden Tipps und Screenshots an diesem Programm orientieren.

Test_Savetec64Wie funktioniert das Programm? Eigentlich ganz simpel. Ursprünglich als reiner Geschwindigkeitstest konzipiert schreibt es ganz viele Daten auf den neuen Speicher und misst die Zeit, die zum Schreiben und anschließenden Lesen benötigt wird. Der Clou sind die Daten, denn in den Daten sind die Position des Blocks in der Testdatei Datei kodiert. Somit erkennt das Programm, wenn es beim Lesen Datenmüll oder überschriebene Daten bekommt. Zum Testen sollte die Karte leer sein. Es werden, im Gegensatz zu anderen Programmen keine vorhandenen Daten gelöscht, aber bereits belegter Platz bleibt ungetestest. Je nach Format (Fat32 oder exFat) belegt die Dateistruktur bereits einige MB Platz, so dass auch bei leeren Karten der Hinweis erfolgen kann, dass nicht der gesamte Speicher gestestet wird. Das ist ok.

Defekte_32GB_Class10

Diese Karte ist eine Fake-Karte und sollte nicht verwendet werden.

Haben Sie eine defekte Karte oder einen Fake-Speicher erwischt, ist die Meldung des Textes rot eingefärbt. Rechts ist der Screenshot einer Fake-Karte zu sehen. Diese Karte hat statt 32GB nur 8GB Speicher. Weite Teile der Testdaten wurden überschrieben oder enthielten nur Datenmüll. Diese Karte darf auf gar keinen Fall verwendet werden. Probieren Sie keine Tricks aus, um den vorhandenen Speicher der Karte irgendwie zu nutzen – Ihre Fotos und Videos sind zu wertvoll für solche Experimente!

Neben dem Betrug kann es aber auch einfach ein größerer Defekt vorliegen, der beim Hersteller nicht erkannt wurde. Denkbare Ursache sind z.B. schlechte Lötstellen, die nach dem Durchschütteln der Ware auf dem Transportweg zu Ihnen für Kontaktprobleme sorgen. Es gibt weltweit nur vier große Hersteller von Flashspeicher für Speicherkarten und Sticks. Das sind neben dem Marktführer Samsung noch die Firmen Toshiba, IM-Flash (Joint-Venture von Intel und Micron, im Handel unter dem Markennamen Lexar) sowie Hynix. Ein Sonderfall ist Sandisk – man hat die eigene Fertigung eingestellt und läßt bei Toshiba produzieren, entwickelt aber noch selbst. Jede Speicherkarte enthält also Speicher einer dieser vier Hersteller. Die Unterschiede liegen in der Geschwindigkeit des Speichers, in der Güte (Fehlerfreiheit), in dem Controllerchip und im Test. Im zweiten Teil dieses Ratgebers wird darauf noch etwas genauer eingegangen.

Der eigene Test, z.B. mit H2testw, benutzt möglichst alle adressierbaren Speicherzellen der Karte. Die Karte hat immer ein paar Zellen als Reserve, denn es sind schon ab Werk einige Zellen in einem Chip nicht ok. Das liegt an Funktionsweise des Speichers. Der Controller erkennt dies im Regelfall schon beim Beschreiben, sperrt diese Zellen und nimmt Reservezellen. Dabei kommt es zu keinen Datenverlust. Ein solcher Test sollte schon im Werk geschehen. Da der Test aber viel Zeit in Anspruch nimmt und Zeit bekanntlich Geld ist, entfällt der Test bei preiswerteren Produkten oft. Sie sollten sich die Zeit für einen Test auf jeden Fall nehmen und ihre Karte drei bis fünfmal testen. Der wiederholte Test gibt dem Controller der Karte die Chance, alle nicht einwandfreien Zellen zu erkennen und zu sperren. Auch bei Markenkarten sollte man auf dieses Vorgehen nicht verzichten – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Im zweiten Teil (erscheint am 29.6.) geht um die verschiedenen Typen und Formate sowie einige Empfehlungen.